Weshalb im Januar nach Island? Das ist eine berechtige Frage und schwer zu beantworten, denn das ist weder die ideale Reisezeit noch ist das Ziel überhaupt ein typisches Reiseziel.
Auf der einen Seite, hat mich diese Insel, die ich nur aus Berichten in Zeitschriften und im Fernsehen kannte, immer schon fasziniert. Es ist einfach unbeschreiblich, ein Land, das so unfertig ist, auf dem alles in gewisser Weise noch am Entstehen ist. Auf der anderen Seite war es sicher auch eine Trotzreaktion, weil niemand mit wollte und jeder der Meinung war, ich würde das sowieso nicht durchziehen. Tja, einen Tag vorher hätte ich mich selbst ohrfeigen können, aber da es gebucht war, gab es kein Zurück mehr. Man muß dazu sagen, dass dies mein erster Urlaub überhaupt war und somit auch mein erster Flug und das auch noch alleine.
Nun bin ich hier an einem kalten Sonntag nachmittag gegen 16 Uhr landete ich auf dem Flughafen Kevlavik, draußen war es dunkel, kalt und weiß. Von der vorbeiziehenden Landschaft auf der beinahe einstündigen Fahrt nach Reykjavik bekam man nicht viel mehr mit, als die Scheinwerfer des Flybusses beleuchteten und das muß ich sagen erinnerte etwas an Bilder vom Mond. Mein Hotel Esja war sehr schön gelegen mit Blick auf den Fjord und den Berg Esja.
Am Montag früh erkundete ich vor der gebuchten Stadtrundfahrt selbst die Gegend um das Hotel und lief schließlich die Saebraut am Ufer entlang bis zum Hafen, ein schöner Spaziergang, der mich allerdings zusammengefroren und gestresst, weil ich spät dran war, zurück ins Hotel brachte. Die Stadtrundfahrt war wunderschön, unser erster Stop die Heißwassertanks Perlan gewährten einen traumhaften Blick auf die Stadt mit ihren bunten Häusern, im oberen Teil dieser Tanks befindet sich ein Restaurant, welches sich in gewissen Abständen dreht, wir hatten allerdings keine Zeit die kulinarischen Köstlichkeiten zu probieren.
Weiter führte uns die Fahrt vorbei am Höfdi, dem Haus in dem das erste amerikanische-sowjetische Gipfeltreffen zwischen Reagon und Gorbatschow stattfand, ein relativ unscheinbares Haus, in dem es laut unserer Stadtführerin aber spuken soll. Wer’s glaubt, obwohl in Island glaubt man vieles, schließlich gibt es hier auch einen vom Staat angestellten Elfenbeauftragten, der bei jeglichen Bauvorhaben zu Rate gezogen wird. Das Komische ist, die Landschaft und die mystische Stimmung darüber bringt einen tatsächlich dazu, verrückte Dinge zu glauben. Die Halgrimmskirkja war dann schließlich eines der Highlights, die aus Basaltgestein errichtete Kirche in ihrer modernen Architektur ist wirklich eine Augenweide. Am Tjörnin, dem See inmitten der Stadt, vorbei ging es dann noch zum Skulpturenmuseum von Asmundur Sveinson, wo wir durch die Ausstellung seiner Kunst bummelten. An diesem späten Nachmittag entschied ich mich ins Freibad zu gehen, hier stellt sich auch wieder die Frage? Januar – Freibad? Das passt irgendwie nicht. In Island ist einfach alles anders. Und ein Besuch im Freibad ist wirklich zu empfehlen, da das Wasser wunderbar warm ist und gerade um diese Jahreszeit, wenn es von oben herabschneit und man sitzt in einem sogenannten Hot Pot mit 38 Grad warmen Wasser, einfach entspannend ist. Die Isländer treffen sich in diesen Hot Pots sogar zu Geschäftsmeetings, man sieht nicht nur das Land, auch die Einwohner sind anders.
Der Dienstag stand ganz im Zeichen “Abenteuer Südküste”, diese Tour war wirklich abenteuerlich. Wir starteten früh in Reykjavik und fuhren aus der Hauptstadt hinaus Richtung Südosten auf der Ringstraße. Unser erstes Ziel an diesem Tag war Eyrabakki, das kleine Dorf an der Küste war so eingeschneit und einsam, irgendwie faszinierend. Was aber noch faszinierender ist, es war mittlerweile 10:30 Uhr vormittags und gerade ging die Sonne auf. Der Sonnenaufgang ist ein bemerkenswertes Schauspiel in Island, diese vielen Farb- und Lichtspiele am Himmel, traumhaft. Manchmal bekommt der Himmel einen grünlichen Ton, im nächsten Moment wechselt der Farbton wieder. Die Sonne geht zwar spät auf, weil als Deutscher ist man es nicht gewohnt, wenn um 10 Uhr noch stockfinstere Nacht ist, aber man gewöhnt sich schließlich an die langen Nächte.
Nach einigen Minuten des Träumens ging es schließlich weiter zu unserem ersten Wasserfall: Seljalandsfoss. Einer der höchsten Wasserfälle Islands direkt an der Ringstraße, ich kann mir nicht vorstellen, dass er im Sommer schöner sein soll, denn diese Eisformationen, die ihn jetzt umgeben sind einfach wunderschön.
Die ganze bisherige Fahrt über waren wir sehr wenigen Menschen begegnet, was wieder zeigt wie unglaublich einsam dieses Land ist. Die Ortschaften sind klein und sauber und sonst sieht man alle paar Kilometer mal einen einsamen Bauernhof. Man könnte denken, es gibt mehr Islandponys als Menschen, was vielleicht sogar stimmen könnte, denn die Pferde sind einfach überall! Die Landschaft ist ebenfalls sehr bizarr. Es gibt fast keine richtig ebenen Flächen, überall ist das Land wild und zerklüftet. Mitten in einer geraden Wiese liegt auf einmal ein riesiger Felsblock, denn ein Vulkan vor vielen Millionen Jahren hier her geschleudert hat. Die Straße ist an manchen Stellen gesäumt von riesigen Bergen, die stark an eine Kleinformation der Alpen erinnern, alles gepudert mit weißem Schnee. Von der Straße aus kann man bei klarer Sicht sogar die Vestmanneryear sehen.
Beim Seljalandsfoss mußten wir schließlich auch die Schneeketten aufziehen, da die Straße mit einer dicken Eisschicht überzogen war. Hier ein großes Lob an unseren Busfahrer, der dies mit Bravour meisterte. Spätestens hier war klar, dass diese Tour tatsächlich ein Abenteuer sein wird. Mit Schneeketten und dem Können unseres Busfahrers kamen wir schließlich heil am nächsten Wasserfall, dem meiner Meinung nach schönstem Wasserfall, Skogafoss an. 60 Meter stürzen die Wassermassen hinab und laut Sage soll dahinter ein Schatz verborgen sein. Leider habe ich ihn nicht gefunden, aber es war auch so schwierig genug bei dem vereisten Weg näher heran zu kommen und dieses beeindruckende Schauspiel zu betrachten.
Richtig beschreiben kann man das Land eigentlich gar nicht, denn diese Faszination ist mit Worten nicht zu beschreiben, man muß es einfach gesehen haben. Mir erscheint im Prinzip alles wie eine bizarre Mischung aus Romantik und gefährlicher Wildnis, wobei sogar diese Gefahr in gewisser Weise anziehend ist. Ich könnte ewig so weiter erzählen und würde trotzdem niemals die volle Schönheit erklären können!
Unser Busfahrer nahm bei diesem Stop die Schneeketten wieder ab, weil ihm jemand erzählte, die Straßen wären wieder besser, was nur teilweise der Wahrheit entsprach. Auf unserem Weg nach Vik kamen wir über eine kleinen Pass und dort war die Straße wieder bedeckt mit Schnee und Eis. Ich muß hier nochmals sagen wie sehr ich den Busfahrer bewundere, ich hätte hier nicht fahren wollen, er ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und fuhr mit einer Geschwindigkeit, die ich nicht einmal bei Regen eingeschlagen hätte weiter. Vik selbst besteht nur aus einigen Häusern, einem Zentrum für Kunsthandwerk zum Einkaufen von Islandpullis oder sonstigen Souvenirs und einem Hotel. Unser Halt hier galt aber eher dem Shopping, wobei ich davon absah. Auf dem Rückweg hielten wir schließlich noch an den schwarzen Lavastränden von Dyrholeay. Die Wanderung den kleinen Weg entlang war sehr anstrengend, den der Gegenwind war unglaublich stark. Am Strand selbst wurde man dann noch zusätzlich von eiskalter Gischt erwartet. Die Strände sind aber sehr schön und auch das Felsentor im Meer, das wir schon von Vik aus von der anderen Seite gesehen hatten, ist wunderschön.
Auch auf dem Rückweg nach Reykjavik wurden wir wieder von einem Schneesturm empfangen und ich muß sagen, diese Tour war wirklich aufregend.
Auch an diesem Abend versüßte ich mir den Tag mit einem Besuch im Hot Pot. Ich könnte mich daran gewöhnen, schade dass man in Deutschland diese Möglichkeit nicht hat.
Mittwoch hatte ich mir eine Erkundung der Stadt auf eigene Faust vorgenommen und ich glaube ich war schon an der ersten Kreuzung nach meinem Hotel die Lachnummer des Tages, als ich mitten auf der Straße ausrutschte und vor den Autos lag. Da muß man dann wohl darüberstehen, am Besten einfach wieder aufraffen, wobei das bei der glatten Fahrbahn nicht so einfach war, lachen und weiterlaufen. Ich werde die Leute eh nie wieder treffen. Mein eigentliches Ziel war die Halgrimmskirkja, die ich vorgestern auf der Stadtrundfahrt ja schon von außen gesehen hatte, es sollte sich allerdings herausstellen, dass diese keineswegs so einfach zu erreichen ist. Ich hielt mich nicht an einen Stadtplan, sondern lief einfach immer in die Richtung, wo ich den Turm sah, leider irrte ich dadurch durch die Straßen und erreichte die Kirche doch nicht. Irgendwann nahm ich doch die Karte zur Hand und schon stand ich davor.
Es ist wirklich ein bemerkenswertes Bauwerk, leider hatte es geschlossen, so dass ich es mir nicht von innen anschauen konnte. Was mich fasziniert hat ist auch, dass die Straßen alle nach nordischen Göttern benannt sind, Baldursgata, Odinsgata …, wo findet man sowas sonst noch? Ich selbst bin kein Stadtkind und könnte glaube ich nie in einer Stadt leben, aber diese Stadt ist anders, sie ist einfach unglaublich sauber, die Luft ist frisch und sie kommt einem nicht so groß vor, also bei Reykjavik würde ich vielleicht eine Ausnahme machen.
Für den nächsten Tag hatte ich kurzfristig eine Reittour gebucht, denn was bringt man wohl als erstes mit Island in Verbindung? Natürlich die zähen Islandponys. Es war nur eine kurze Tour von zwei Stunden, die auch nicht sehr anspruchsvoll war, da die Pferde sowieso das machten, was der Führer vormachte. Also auch für mich, die schon ewig nicht mehr auf einem Pferd gesessen hatte, machbar. Wir bekamen Thermoanzüge und Helme ehe es losging auf eine erlebnisreiche Tour. Wir mußten oft absteigen und die Pferde führen, da der Schnee zu tief war, so dass diese einbrachen. Auf dem Rückweg zum Reitstall durften wir dann auch noch tölten, für mich das erste Mal in diesem für Islandponys typischen fünften Gang. Ich muß sagen, man fühlt sich wirklich wie in einem Sessel, es ist bequem und man sitzt relativ ruhig, nicht vergleichbar mit Trab oder Galopp. Ich fand es wunderschön. Mein Plan für den Nachmittag war eigentlich ein Besuch im Nationalmuseum, doch leider hatte dies wegen Renovierungsarbeiten bis zum nächsten Jahr geschlossen, schade.
Am Freitag stand dann endlich eine der populärsten Touren auf dem Programm, der “Golden Circle”. Wir besuchten zuerst die Gewächshäuser von Hveragerdi mit ihren exotischen Pflanzen, die dort wunderbar gedeihen, wohl aufgrund der wohlig warmen Temperaturen, die durch das heiße Wasser entstehen. Es gibt glaub ich kein Land, das umweltfreundlicher heizt, denn mit dem heißen Wasser aus der Erde, das Island zur Genüge zur Verfügung steht, haben diese einfach das große Los gezogen. Dann kamen wir endlich zum Gullfoss, dem Goldenen Wasserfall. Da ich die Wassermassen des Skogafoss schon gewaltig fand, fällt mir dafür einfach kein Begriff mehr ein. Es war einfach unglaublich. Die Gischt und der Regen sorgten zwar dafür, dass wir innerhalb kürzester Zeit bis auf die Haut durchnässt waren, aber der Wasserfall mit seinen Eisformationen hatte einfach etwas unglaublich romantisches. Das ist auch das falsche Wort, aber mir fällt leider nichts passendes ein, er war einfach toll.
Dann endlich die Geysire, drei mal schoß Strokkur in die Höhe, leider war ich mit meiner Kamera jedesmal zu langsam. Auch die anderen blubbernden Quellen und dieser penetrante Geruch nach Schwefel hatten etwas. Bei dieser Tour war dann sogar ein Essen dabei.
Wir aßen mit Restaurant bei den Geysiren, für mich gab es heute das erste Mal Fisch. Der Lachs war einfach köstlich. Auf dem Rückweg hielten wir noch bei der Kirche Skalholt, dem ältesten Bischofssitz Islands, von dessen Vergangenheit die vielen Tafeln mit Namen und Jahreszahlen im Inneren zeugten.
Heute, Freitag abend, hieß es das erste Mal: Nightlife. Und das Nachtleben ist wirklich ein Hammer. Zusammen mit einem schwedischen Pärchen und einem Amerikaner, die zusammen mit mir auf der Golden Circle Tour waren, blieben wir schließlich im Irish Pub hängen. Das ist jetzt nicht typisch isländisch, aber im Cafe Reykjavik war zum Beispiel Dresscode angesagt und da kam der Amerikaner mit seinen Turnschuhen nicht rein. Gegen halb 10 wurden die Tische an den Rand geräumt und die Liveband heizte ein. Es war unglaublich toll, die irische Musik, die vielen tanzenden Leuten und naja ein Guiness für umgerechnet 18 D-Mark. Aber das ist eben Island. Um 3 Uhr früh verließen die meisten Isländer die Kneipe und holten sich auf dem zentralen Platz etwas zu essen, die Fischbude dort macht glaub ich in der Nacht den meisten Umsatz, deshalb wird sie wahrscheinlich auch noch geöffnet haben. Letztlich kam ich gegen 5 Uhr zurück ins Hotel und war vom Nachtleben begeistert.
Samstag hatte ich nichts vor, ich schlief aus, zumindest bis ich von der Putzfrau geweckt wurde, weil ich vergessen hatte das “bitte nicht stören”-Schild rauszuhängen. Heute war Shopping angesagt und ich muß sagen im Einkaufszentrum Kringlan, war das kein Problem, es gab hier so tolle Sachen, die man in Deutschland nicht findet, unglaublich. Naja es war halt eine Belastung für meinen Geldbeutel, aber was soll’s, ich bin ja schließlich im Urlaub.
Am Abend hieß es wieder Nightlife. Mein erster Stop war wieder das Irish Pub, da es mir dort gestern so gut gefallen hatte, dann machte ich mich mit einer Gruppe Isländer auf durch verschiedene andere Kneipen der Stadt. Es war ein wunderschöner Abend, der leider wieder erst um 5 Uhr früh endete und ich dadurch vor dem frühen Rückflug keinen Schlaf mehr fand.
Irgendwie war ich furchtbar traurig, dass ich gehen mußte, weil es hier so schön war, aber ich war auch froh wieder nach Hause zu kommen.
Mein Fazit: Ich werde zurück kommen, denn diese Insel ist einfach ein Traum. Das Land hat mich fasziniert, es ist wie das Netz einer Spinne, wenn man es berührt kommt man nicht mehr davon los. Es hat mich einfach gefangen. Wahrscheinlich gibt es nur zwei Möglichkeiten, entweder man ist gefangen oder du wirst nie wieder dorthin gehen. Für mich steht fest, nächstes Jahr heißt es wieder: Auf nach Island.
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